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Kleines Lexikon der Innenarchitektur

Akustik

Der Ton macht den Raum …

Nicht nur Farben, Materialien und Beleuchtung sind verantwortlich für eine gute Raumatmosphäre, auch die Akustik spielt eine entscheidende Rolle.

Beim Betreten einer gotischen Kathedrale wird automatisch klar, dass es sich um einen ganz besonderen Raum handeln muss. Der Lärm von außen verstummt und weicht einer Stille, die innehalten lässt. Neben den überwältigenden Raumdimensionen sind es dann einzelne Geräusche – meist durch andere Besucher verursacht, die mit einem langen Nachhall einen Eindruck von unendlicher Weite erzeugen. Lässt die Orgel zum Ende eines Gottesdienstes mit einer gewaltigen Improvisation scheinbar die Grundmauern erbeben, so ist auch dies ein Effekt von Ton im Raum, der ein ganz spezielles Raumerlebnis schaffen soll.

Die Wirkung von Nachhall und Weite kann also durchaus gewollt sein. In den meisten Fällen des alltäglichen Lebens sorgt sie aber eher für Probleme.

Glatte Raumoberflächen wie Glasfassaden, polierte Stein- und versiegelte Parkettböden, Fliesen, gespachtelte Wände und Decken aber auch Wandverkleidungen mit harten Kunststoff-, Metall oder Lackbelägen bewirken, dass Schallwellen an ihnen reflektiert werden. Besteht der Raum ausschließlich aus derartigen Oberflächen, werden die Wellen, vergleichbar mit Licht, vielfach hin und her reflektiert. Das Ergebnis ist eine mehrfache Überlagerung von unterschiedlichsten Tönen und Geräuschen, welche in der Regel als laut und unangenehm empfunden wird. Besonders, wenn viele Menschen gleichzeitig in einem solchen Raum sprechen, sind einzelne Worte nicht mehr eindeutig zu verstehen und zu unterscheiden. Die permanent anhaltende Bombardierung durch Wortfetzen kann dann sehr anstrengend und ermüdend sein.

Diese Wirkung wird verstärkt, wenn der Raum vergleichsweise klein ist, wie z. B. in einem Büro oder einem Ladenlokal. In einer weiträumigen Bahnhofshalle, wo dieser Effekt durchaus häufig auftaucht, wird er lange nicht als so penetrant empfunden.

Das Problem ist im privaten Bereich, in Wohnzimmer, Diele, Bad, Küche, Schlafzimmer oder Wintergarten genauso zuhause wie im öffentlichen oder gewerblichen Objektbereich. Hier sind es vor allem Großraumbüros oder frei in große Eingangshallen integrierte Empfangs- und Wartebereiche. Aber auch in Läden, Restaurants oder Kanzleien kann es problematisch sein, wenn durch lange Nachhallzeiten und Schallüberlagerungen ein Eindruck mangelnder Intimität und Diskretion erzeugt wird.

Eine Lösung des Problems liegt in der Unterbrechung der beschriebenen Schallreflexionen. Rauhe, offenporige oder extra mit kleinen Öffnungen versehene Materialoberflächen sorgen dafür, dass der Schall entweder gar nicht erst zurückgeleitet wird, oder aber innerhalb der Oberflächenstruktur so umgelenkt wird, dass er auf kleiner Fläche, z. B. innerhalb einer Lochvertiefung hin und hergeworfen wird, bis er sich dort tot läuft, sprich geschluckt oder absorbiert wird.

Als natürliche Schallabsorber gelten textile Stoffe in jeglicher Form, z. B. in Vorhängen oder Bezügen von Sitzmöbeln. Teppichböden oder Einzelteppiche leisten einen ähnlich guten Dienst. Im privaten Bereich sind durch diese Materialien in der Regel die Grundvoraussetzungen für eine angenehme Akustik geschaffen. Durch Gebrauchsgegenstände wie Bücher, Leuchten oder auch Dekorationen wird dies noch unterstützt.

Reichen diese Maßnahmen nicht aus, ist der Einsatz von speziellen, akustisch wirksamen Produkten, Materialien und Schallabsorbern notwendig. Auch im Objektbereich kommt man um derlei Spezialmaßnahmen oft nicht herum:

Mit Akustikputzen können beispielsweise große Wand- und Deckenflächen akustisch unterstützend ausgebildet werden. Trockenbauwände und –decken werden mit Gipskartonplatten ausgeführt, die von Haus aus kleine Lochungen oder Schlitze in allen möglichen Designausführungen mitbringen. Ein Flies hinter der Gipskartonplatte erhöht die Schallabsorption nochmals erheblich. Auch Holzverkleidungen sind mit gelochten oder geschlitzten Oberflächen erhältlich. Dabei ist es empfehlenswert, diese Art von Oberflächenstrukturen von vornherein im Entwurf zu berücksichtigen.

Eine sehr effektive Art der Akustikoptimierung ist der Einsatz von Akustikpaneelen. Hierbei handelt es sich meist um Metallrahmen, die mit einem Stoff beliebiger Farbe oder auch Fotodruck bespannt werden. Das Innenleben besteht aus mehrere Zentimeter starkem, akustisch hoch wirksamem Dämmstoff. Diese Elemente können als Trennwände frei im Raum stehen, als Wandbilder aufgehängt oder aber als Deckensegel im Raum abgependelt werden. Durch die individuelle Anfertigung dieser Akustikpaneele ist es möglich, sie konkret in den Entwurf einzubinden, ohne ihren eigentlichen Zweck offenkundig zu zeigen. Wandpaneele können z. B. das Farb- und Materialkonzept komplettieren, Deckensegel können gleichzeitig Träger einer indirekten Beleuchtung sein.

Es sei darauf hingewiesen, dass die beschriebenen Maßnahmen den Schall, der in einem Raum erzeugt wird, nicht verschwinden lassen oder unhörbar machen. In einem Großraumbüro wird nach wie vor wahrgenommen, dass verschiedene Personen anwesend sind. Weil sich der Schall aber nicht mehr unkontrolliert ausbreitet, ist seine Wirkung auch nicht mehr irritierend und störend. Die Raumwahrnehmung ist angenehmer, beruhigend und intimer … denn auch der Ton macht den Raum …