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Kleines Lexikon der Innenarchitektur

Weinkeller

Gepflegte Kellergeister

Die unterste Etage des Wohnhauses vollzieht eine stete Wandlung vom dunkel-muffigen Vorratslager hin zum atmosphärisch gestalteten Aufenthaltsbereich. Neben Wellness- und Fitnessräumen halten auch hochwertig gestaltete Weinkeller Einzug ins Raumprogramm des Kellergeschosses.

Noch vor wenigen Jahrzehnten bestand die Hauptaufgabe eines Kellers in erster Linie darin, Abstell- und Lagerflächen zu bieten, Heizkessel und andere haustechnische Anlagen unterzubringen sowie Hauswirtschaftsräume wie Waschküche oder Werkraum vorzuhalten. Das höchste der Gefühle war oft ein sogenannter „Partykeller“ – meist eine belegte, jedoch leer zu räumende, geflieste Fläche inmitten eines ungestalteten Nebeneinanders von Kellerabteilen und Fluren.

Während heutzutage Fitness- und Wellnessbereiche mit Sauna oder Dampfbad schon relativ häufig anzutreffen sind, entdecken auch immer mehr Weinliebhaber den Wunsch, ihrer ganz besonderen Passion einen ganzen Raum im Untergeschoss zu widmen, der einerseits die richtigen Lagerungsbedingungen für die wertvollen, alkoholischen Traubensäfte schafft, andererseits aber auch das atmosphärische Ambiente für eine Weinverkostung bietet: einen Weinkeller!

Wein als lebendiges und sehr empfindliches Naturprodukt verlangt nach optimalen und konstanten Bedingungen in seiner Umgebung, um sich geschmacklich zu entwickeln und nicht negativ beeinflusst zu werden. Neben einer möglichst gleichbleibenden Temperatur zwischen 10 und 15°C und einer konstanten Luftfeuchtigkeit von etwa 50 – 70% sollten eine ausreichende Belüftung, Dunkelheit und Ruhe gewährleistet sein.

In traditionellen Weinkellern werden diese klimatischen Bedingungen dadurch erreicht, dass der Kellerraum im direkten Kontakt zum Erdreich steht und in der Regel nur durch Ziegelsteine abgedeckt ist. Fundamente und Abdichtungen nach außen sind in diesen Bereichen bewusst unterbrochen.

In Bestandsgebäuden oder Neubauten, die derlei spezifische Gegebenheiten nicht mitbringen, werden die nötigen Klimabedingungen auf andere Weise geschaffen. Vergleichbar mit einem modernen Weinkühlschrank, wird der entsprechende Raum durch ein geeignetes Klimagerät dauerhaft auf die gewünschte Temperatur heruntergekühlt. Auch die Luftfeuchtigkeit wird durch das Gerät geregelt.

Im Vorfeld sind jedoch bauliche Maßnahmen zwingend notwendig, um einerseits die niedrige Temperatur im Raum halten zu können, und um andererseits Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbildung in den angrenzenden Bauteilen zu verhindern. Diese würden entstehen, wenn die kalte Luft des Weinkellers innerhalb des Mauerwerks auf die warme Luft eines Nachbarraumes trifft.

Zu diesem Zweck werden Wände und Decken des Weinkellers hermetisch mit bis zu 10 cm starken Dämmplatten belegt, die anschließend verputzt werden. Neben der Dämmeigenschaft besitzen diese Baustoffe ebenfalls die Eigenschaft, Feuchtigkeit, die durch den Atem der Nutzer abgegeben wird, zunächst aufzunehmen und im Nachhinein allmählich wieder trocknen zu lassen.

Möbeleinbauten wie Regale, die vor den geschützten Wänden aufgestellt werden, sind ausschließlich mit wärmegedämmten Spezialdübeln im Mauerwerk zu befestigen, um „Kältebrücken“ im Wandaufbau zu verhindern. Auch Zugangstüren, z.B. aus Holz oder Glas, müssen Eigenschaften mitbringen, als wenn sie in einer Außenfassade eines Gebäudes eingebaut werden.

Der formalen Gestaltung des Weinkellers selbst sind keine Grenzen gesetzt. Ob klassisch, rustikal oder eher geradlinig und modern, spiegeln sich hier die Vorstellungen und Bedürfnisse der Nutzer wider. Neben reinen Lagerflächen wie Regalen für liegende und stehende Weinflaschen oder Schubkästen für Weinkisten sind inszenierte Präsentationsflächen für besondere Weine beliebte Gestaltungsträger, ebenso Thekenflächen für das Vorhalten und Abstellen von Gläsern für eine Weinprobe.

Ebenfalls maßgeblich ist das Lagerungskonzept, z.B. welche Sorten von Wein vornehmlich und in welchen Anteilen vorgehalten werden sollen: Rotwein und Weißwein, oder aber auch Champagner in seinen unterschiedlichen Flaschengrößen von der Magnum- bis zur überdimensionalen Nebuchadnezzar-Flasche.

Eine gezielte Beleuchtung des Weinkellers und seiner Einbauten macht ihn für den Moment der Nutzung zu einem atmosphärischen Erlebnis. Jedoch ist auch bei den Lichtquellen darauf zu achten, dass diese den Wein nicht negativ beeinflussen. So sollte auf eine direkte Bestrahlung der Weinflaschen mit stark UV-anteiligem Licht verzichtet werden. Der Einsatz von LED-Technik hat sich hier bewährt.

Wie in jedem anderen Projekt auch, ist das perfekte Zusammenspiel von Material, Form und Farbe bestimmend für die Raumwirkung, ebenso die gekonnte Abstimmung der Einbauten mit der Gestaltung von Wänden, Decke und Boden, um alle Raumelemente zu einer stimmigen Einheit zusammenzuführen.

Schließlich geht es darum, einen perfekten Raum zu schaffen, in dem empfindliche Kellergeister gehegt und gepflegt, aber auch ab und zu freigelassen werden können. Zum Wohl!