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Kleines Lexikon der Innenarchitektur

Bodenbeläge

Auf dem Boden der Tatsachen …

Der Fußboden bildet die Grundebene eines jeden Raumes – auf ihm bauen alle anderen Raumbestandteile auf, daher will seine Ausführung frühzeitig und gut überlegt sein.

Die Auswahl ist riesig und für den Laien oft unübersichtlich. Zu den gängigsten Belägen zählen Parkett, Fliese und Teppichboden. Aber auch Steinböden, Kunststoffbeläge, und Glas- und Metalloberflächen erfreuen sich großer Beliebtheit – nur um eine kleine Auswahl zu nennen. Doch selbst jeder einzelne Belag für sich weist eine Vielfalt an Möglichkeiten in technischer und gestalterischer Hinsicht auf, so dass eine Auswahl häufig schwer fällt.

Für eine Entscheidung sind neben den baukonstruktiven Gegebenheiten, die ein Raum mitbringt, auch die beabsichtigte Raumnutzung sowie das Gestaltungskonzept von Bedeutung.

Im Normalfall sieht der Rohbau einen Estrich als Untergrund für den Bodenbelag vor. Mit entsprechenden Vorkehrungen zur Erzielung einer  ausreichenden Trittschalldämmung ist dieser dazu geeignet, dass verschiedenste Bodenbeläge fest oder lose auf ihm eingebaut werden.

Doch schon die Ausführung des Estrichs in Kombination mit einer Fußbodenheizung schafft eine Situation, in der die Auswahl des Belages gut geplant sein will. Estrich und Bodenbelag müssen dann in der Lage sein, auf die wechselnden Temperaturen so zu reagieren, dass es durch Ausdehnen und Zusammenziehen der Materialien nicht zu Schäden kommt. Der Estrich wird hierzu an besonders anfälligen Stellen mit elastischen Dehnfugen versehen, die Materialbewegungen aufnehmen und z. B. Rissbildungen verhindern. Diese Fugen werden in der Regel im Bodenbelag übernommen. Aber auch das Material des Belages muss auf diese Situation reagieren können:

Schwebt dem Nutzer z. B. ein Massivholzparkett mit breiten Dielen vor, ist es wichtig, zu wissen, dass Holz auf die direkten Temperaturunterschiede der Fußbodenheizung mit einer Veränderung seiner Zellstruktur reagiert. Die Zellen geben Feuchtigkeit ab (Schwinden) oder nehmen sie entsprechend auf (Quellen), dadurch ist eine permanente Veränderung des Materials gegeben, die sich in Form von offenen Fugen, Rissen oder Wellenbildung äußert. Hier ist es sinnvoller, mit einem Mehrschichtparkett zu arbeiten:

Einzelne dünne Holzschichten sind quer zueinander verleimt, so dass eine Veränderung der Zellstruktur nur minimal auftritt und sich dabei in unterschiedlichen Richtungen auswirkt. Die Schichten halten dadurch das Parkettelement in Form, so dass in der Regel keine oder nur geringe Veränderungen in der Oberfläche sichtbar werden. Durch eine gezielte Kontrolle der Raumfeuchte kann dies noch optimiert werden.

Fliesen- und Steinbeläge bringen da grundsätzlich weniger Probleme mit, wenngleich aber auch hier zu berücksichtigen ist, dass das Material zusammen mit dem Estrich auf die Temperaturunterschiede und auch auf Gebäudebewegungen reagiert. Weil das Material starr ist und Druckbewegungen nicht elastisch aufnehmen kann, muss noch größerer Wert auf entsprechende Dehnfugen gelegt werden, besonders dann, wenn große Formate zum Einsatz kommen.

Eine andere Ausführung des Untergrundes ist oft in Großraumbüros anzutreffen: Hier wird die Boden-Unterkonstruktion häufig als Doppel- oder Hohlraumboden ausgebildet. Dies ermöglicht eine flexible Raumnutzung, weil Arbeitsplätze nachträglich neu angeordnet werden können, indem z.B. Kabel für deren Elektrifizierung innerhalb des Hohlraumes leicht verlegt werden können, ohne Stemmarbeiten am Boden vorzunehmen. Es werden einfach Bodenelemente geöffnet, Anschlüsse verlegt und der Boden wieder geschlossen. Hierzu muss dann natürlich der Bodenbelag nicht durchgängig, sondern in Einzelsegmenten verlegt sein, die sich leicht aufnehmen, anpassen und wieder verlegen lassen (z. B. in Form von Teppichfliesen, die mit einem Adhäsionskleber verlegt, immer wieder leicht vom Untergrund zu lösen sind).

Neben der Frage des konstruktiven Untergrundes ist auch die angestrebte Raumnutzung von immenser Bedeutung: Handelt es sich um einen privat genutzten Raum mit geringer Beanspruchung, oder geht es um einen öffentlichen Bereich mit starker Frequentierung und hohem Abnutzungsgrad? Schließt der Raum direkt an einen Außenbereich an, oder liegt er im Inneren eines Gebäudes, so dass die Frage einer möglichen Verunreinigung durch Straßenschmutz vernachlässigt werden kann? Kommt der Boden mit Feuchtigkeit in Berührung? Dieser Aspekt fragt nach der Eigenschaft des Belages, die Feuchtigkeit an der Oberfläche zu halten und nicht in die Gebäudekonstruktion abzugeben, ebenso nach der Eigenschaft, durch die Feuchtigkeit nicht beschädigt zu werden. In diesem Zusammenhang ist dann auch der Grad der Rutschhemmung wichtig: Gerade in öffentlichen Bereichen muss auch bei Feuchtigkeit ein sicheres Begehen ohne Ausrutschen gewährleistet sein. Hier gibt es entsprechende Vorschriften. Natürlich sollte auch im privaten Bereich auf derlei Sicherheit geachtet werden.

Schließlich muss der Bodenbelag von Anfang an mit dem Raumentwurf und seinem angestrebten Farb- und Materialkonzept abgestimmt werden, da er zusammen mit den Raumwänden und der Decke die Hülle bildet und das Konzept trägt. Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass der Boden eine gute Basis für die Möbel und Einbauten darstellt, damit sie durch ihn einen „optischen Halt“ erfahren und nicht „schwimmen“.

Hier geht es um die Auswahl des Materials an sich: Welche Holzart, welcher Naturstein, welche Teppichfarbe? Wie ist die Oberfläche beschaffen, z. B. beim Parkett geölt oder lackiert, bei der Fliese eher rauh oder glasiert? Sollte der Teppichboden hochfloorig oder lieber mit kurzer Faserstruktur ausgewählt werden?

Im Idealfall tauchen Material und Farbe des Bodenbelags nicht allein im Fußboden auf, sondern werden an anderer Stelle in Möbeln und Einbauten wieder aufgenommen oder zitiert. Bodenbeläge können sogar vom Boden in einzelne Wände oder Einbauten übergehen, so dass diese Elemente miteinander verschmelzen. Raumbestandteile werden so zusammengeführt und stehen nicht einzeln für sich. Hier spielt das Entwurfsthema die entscheidende Rolle (s. Aktuell-Beitrag: „Entwurf“). Die Vielzahl der Materialausführungen, die die unterschiedlichsten Hersteller anbieten, lässt für jedes Farb- und Materialkonzept das passende Produkt finden.

Eine wichtige Rolle spielen auch die Formate des Bodenbelages und die Verlegerichtung. Durch sie kann wesentlich Einfluss auf die Raumwirkung genommen werden. Schmale, lange Räume können beispielsweise durch quer verlegte Formate optisch verbreitert und gleichzeitig in ihrer Längenausdehnung verkürzt werden, so dass zumindest vom Eindruck her eine harmonischere Raumproportion entsteht. Dies setzt aber voraus, dass im Vorfeld der Bodenverlegung eine konkrete Angabe an das ausführende Gewerk in Form eines Verlegeplanes erfolgt. In diesem Plan sollten dann auch die oben beschriebenen Dehnfugen so integriert sein, dass sie in der ausgeführten Situation nicht auffallen.

Grundsätzlich gilt die Regel: Je größer das Format, um so großzügiger die Raumwirkung. Dies kann auf Holzböden genauso wie auf Fliesen oder andere Beläge mit Einzelformaten Anwendung finden. Wenn das Format des Belages die Raumwirkung beeinflussen soll, muss es im Raum ablesbar sein und darf nicht in der Fläche verschwimmen, z. B. wenn man die Bodenfläche betrachtet und dabei die Augen zusammenkneift. Hier muss der Laie oft umdenken, weil dieses Vorgehen für ihn meist ungewöhnlich ist. Vor allem in kleinen Räumen besteht bei ihm die Tendenz, kleine Formate einzusetzen, z. B. kleine Fliesen in kleinen Bädern. Das Ergebnis ist aber meist genau das Gegenteil der eigentlichen Absicht: nämlich Großzügigkeit zu erreichen.

Heutzutage sind bei Feinsteinzeugfliesen schon Großformate von 45 cm x 90 cm oder 60 cm x 120 cm Standart, es werden sogar Supergrößen von 100 cm x 300 cm angeboten. Selbst wenn hiervon in einem kleinen Bad nur eine einzige Fliese vollständig zum Einsatz kommt und alle anderen Fliesen angepasst werden müssen, verleiht dieses Vorgehen einem kleinen Raum mehr Großzügigkeit, als wenn der gesamte Raum mit vielen kleinen Formaten belegt wird. Aber auch hier spielt natürlich der Raumentwurf die entscheidende Rolle.

Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit ist der bewusste Wechsel der Verlegerichtung des Bodenbelages innerhalb eines Raumes. Hierdurch kann die Funktion eines Bereiches bewusst unterstrichen oder eine optische Abtrennung geschaffen werden. Auch kann zu diesem Zweck innerhalb eines Raumes mit unterschiedlichen Materialien, z. B. Fliese und Parkett gearbeitet werden. Hierfür muss die Ausführung jedoch bereits zum Zeitpunkt des Rohbaus feststehen, nämlich dann wenn der Estrich eingebracht wird: Weisen Parkett und Fliese die gleiche Materialstärke auf, kann der Estrich gleichmäßig ausgeführt werden. Sind die Materialstärken aber unterschiedlich, muss durch unterschiedliche Estrichhöhen ein Ausgleich erfolgen, um später einen ebenerdigen Übergang der Materialien zu erreichen.

Fazit: Es ist wichtig, sich rechtzeitig mit der Ausführung des Fußbodens auseinanderzusetzen, um bereits zum Zeitpunkt des Rohbaus die Weichen für ein optimales Ergebnis zu stellen, damit man nicht Gefahr läuft, im Nachhinein auf den Boden anderer Tatsachen zurückgeholt zu werden …